Das Wort Getreide bedeutet "das, was getragen wird". Gemeint sind damit die Körnerfrüchte von Gräsern.1a) Das Getreidekorn ist also eine Frucht, kein Samen, und seine äußere Hülle ist die Fruchtschale.
Am unteren Ende des Kornrückens sitzt der Keimling. Obwohl dieser nur einen Bruchteil des Korngewichtes ausmacht, sind in ihm bereits alle Wurzel- und Sprossanlagen für eine neue Getreidepflanze enthalten. Die Getreidesorten Mais, Weizen und Reis machten im Jahr 2021 laut FAO (= Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen) über 90% der weltweiten Getreideproduktion aus.2)
Neben seiner Funktion als Lebensmittel wird Getreide aber auch zu Futtermittel verarbeitet sowie zur Energiegewinnung und für industrielle Zwecke genutzt. In Deutschland wurden z. B. im Wirtschaftsjahr 2021/22 ca. 54% des Getreides verfüttert und 9,5% energetisch genutzt. Zum Vergleich: Weltweit wurden in diesem Zeitraum im Durchschnitt nur ca. 20% des Getreides verfüttert, in der EU waren es etwa 61%. Durch Fortschritte im Pflanzenbau, den Zugang zu verbesserten Betriebsmitteln sowie Erfolge in der Pflanzenzüchtung war es möglich, den Getreideertrag in den letzten 50 Jahren zu verdrei- bis zu vervierfachen.3) Diese Entwicklung war notwendig, um bei gleichbleibenden bzw. schrumpfenden Ackerflächen zum einen den erhöhten Lebensmittelbedarf einer vergrößerten Weltbevölkerung zu decken. Zum anderen konnte hierdurch dem wachsenden Bedarf an Getreide, das in Form von Biogas oder Bioethanol für die Energieerzeugung benötigt wird, Rechnung getragen werden.
Um die Saatgutqualität zu sichern und das geistige Eigentum an Pflanzenzüchtungen zu schützen, verwalten Sortenämter sog. Sortenlisten mit den Merkmalen sämtlicher zugelassener Kulturpflanzen. Hierdurch ist es heute möglich, geeignete Pflanzensorten für die unterschiedlichsten klimatischen Bedingungen auszuwählen, die hohe und stabile Erträge versprechen. Diese Ertragsfokussierung hat jedoch zur Folge, dass von den ca. 75.000 höheren*, essbaren Pflanzen auf der Erde nur ca. 160 Arten in großem Umfang produziert werden. Und von diesen werden wiederum 20 Pflanzenarten so intensiv angebaut, dass mit ihnen ca. 90% der Welternährung bestritten wird. Mehr als 60% der globalen Kalorienversorgung werden dabei durch Weizen, Reis, Mais, Kartoffel, Süßkartoffel und Maniok, also nur 6 Pflanzenarten, erreicht.4a)
Richten wir unsere Aufmerksamkeit nun noch kurz auf die drei Hauptgetreidearten.
Die Urformen des Hartweizens sind Wilder Emmer und Wildes Einkorn, der des Weichweizens ist der Dinkel (Spelz). Die Heimat dieser Weizenvorfahren liegt im eurasischen Gebiet, doch heute wird Weizen in den gemäßigten Zonen aller Kontinente angebaut; optimalerweise in Regionen mit schweren, nährstoffreichen Böden, die eine hohe Wasserbindekapazität aufweisen.4b) Man unterscheidet je nach Zeitpunkt der Aussaat zwischen Sommer- und Winterweizensorten, die aber beide im Sommer geerntet werden. Hauptanbaugebiete waren im Jahr 2021 China, Indien und Russland.2)
In der Ernährung des Menschen wird Weizen z. B. als Mehl oder Grieß für Back- und Teigwaren verwendet. Die Weizenstärke wird als Binde- und Verdickungsmittel für warme Flüssigkeiten wie Soßen oder Suppen benutzt. Die Weizenkleie dient hingegen häufig als Futtermittel.
Reis ist ein Rispengras und es wird vermutet, dass der Ursprung des Anbaus vor ca. 14.000-15.000 Jahren in China liegt. Da der Reisanbau heiße Temperaturen und viel Wasser benötigt, stammen auch heute noch ca. 90% der Welternte aus klimatisch hierfür günstig gelegenen Regionen im asiatischen Raum.1b) Laut FAO waren die Haupterzeugerländer im Jahr 2021 China, Indien und Bangladesch.2) In Europa ist die Po-Ebene in Italien bekannt für ihren Reisanbau.
Man unterscheidet u. A. Lang-, Mittel- und Rundkornreis, die in Schäl- und Polierprozessen zu Rohreis, Naturreis oder Weißreis verarbeitet werden. Reis ist für einen Großteil der Menschheit ein Grundnahrungsmittel und wird entweder gekocht verzehrt oder in Form von Mehl oder Flocken zu Speisen weiterverarbeitet.
Mais war früher nur in südlicheren Regionen anbaubar und hat seinen Ursprung wahrscheinlich ca. 3.000 v. Chr. in Mexiko. Heute existieren um die 50.000 verschiedene Maissorten, die zuchttechnisch an unterschiedliche klimatische Bedingungen angepasst sind und den Maisanbau auf allen Kontinenten ermöglichen. Die Haupterzeugerländer im Jahr 2021 waren laut FAO die USA, China und Brasilien.2)
Als Sortengruppen gibt es neben Zahnmais, der in den USA ausschließlich als Futtermittel verwendet wird, noch Hart-, Weich-, Spitz-, Wachs- und Zuckermais. Letzterer wird weltweit als Gemüse entweder gegart oder roh verzehrt, bzw. zu Maisgrieß (Polenta), Cornflakes, Popcorn, Maisstärke und anderen Produkten verarbeitet.2)
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In unserem nächsten Beitrag geht es um Hülsenfrüchte.
Quellenangaben:
1) Vgl. Rimbach, G., Nagursky, J., Erbersdobler H. F., 2015: Lebensmittel-Warenkunde für Einsteiger, 2. Auflage, a) Seite 123, b) Seite 126, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg, ISBN: 978-3-662-46280-5
2) Vgl. FAO, 2022: Agricultural production statistics 2000-2021, FAOSTAT Analytical Brief 60, dem Internet entnommen am 16.04.2024, https://www.fao.org/3/cc3751en/cc3751en.pdf, ISSN 2709-0078 [Online]
3) Vgl. BLE, 2023: Bericht zur Markt- und Versorgungslage Getreide 2022, dem Internet entnommen am 19.04.2024, https://www.ble.de/SharedDocs/Downloads/DE/BZL/Daten-Berichte/Getreide_Getreideerzeugnisse/2023BerichtGetreide.pdf?__blob=publicationFile&v=2
4) Vgl. Lieberei, R., Reisdorff, C., 2012: Nutzpflanzen, 8. Auflage, a) Seite 3 ff. b) Seite 71 f., Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart, ISBN: 978-3-13-530408-3
* Höhere Pflanzen haben drei Grundorgane: Blatt, Spross und Wurzel. Niedere Pflanzen sind z. B. Algen und Flechten.